Die magische Marke: Faszination Everesting

vor 3 Jahren von Traildevil



«What the Hell!» So heisst unser Blog-Format, in dem wir uns mit aktuellen Mountainbike-Themen auseinandersetzen – von Techtalk und Sport, über Lifestyle und Szene-Gossip bis zu Bike-politischen Themen. Diese Woche geht’s um «Everesting». Was steckt hinter dem Trend? Was bringt’s, macht’s Spass – und kann das jeder schaffen?


Seit Beginn der Pandemie haben Outdoor-Aktionen vor der eigenen Haustür eine neue Bedeutung bekommen. Wiederentdeckt wurde dabei auch das «Everesting». Tatsächlich wurde der Trend schon 1994 von George Mallory, dem Enkel des gleichnamigen, 1924 am Mount Everest verschollenen Mallory, ins Leben gerufen. Das Setting ist einfach: Ein Berg oder eine Strecke wird so oft hintereinandergefahren, bis die kumulierten Höhenmeter die magische 8'848-Meter-Marke knacken.  

Persönliche Bereicherung
Hm. Ich liebe es, auf einem Gipfel zu stehen oder auch mal mein Bike auf den Schultern nach oben zu tragen, um anschliessend die Abfahrt zu geniessen – aber zig Mal hintereinander den gleichen Anstieg? Dafür bin ich nicht so schnell zu begeistern ... Manchen Menschen macht so etwas tatsächlich Spass. Wie Saskia, einer Freundin, die an einem Tag zwölf Mal am Stück auf den Freiburger Schauinsland wanderte oder alle Trails der Stadt zweimal an einem Tag fuhr. Andere sind in Verbindung mit einem guten Zweck auf die Idee gekommen. Aber auch auf den Geschmack? «Es war eine persönliche Bereicherung auf ganz vielen Ebenen», sagt Claudio Caluori. Er fuhr kürzlich gegen oder mit Nino Schurter 25 Mal die World-Cup-Downhillstrecke in Lenzerheide, um dabei Spenden für «Pump for Peace» zu sammeln. Den grössten Gewinn habe er auf der spirituellen Ebene erfahren, erzählt Claudio. «Da durfte ich lernen, was möglich ist, wenn man vertraut».




Claudio und Nino bei ihrem Spenden-Everesting-Event «Neverresting» (Foto: Velosolutions).

Der Krankheit davongefahren
Eine sehr persönliche Bedeutung hatte die Herausforderung Everesting auch für Wheelie-Meister Manuel Scheidegger. Der fuhr im Sommer 2020 die kumulierten Höhenmeter komplett auf dem Hinterrad (!) und sammelte nebenbei Gelder für sein Bikeprojekt «Wheels4Nepal». Die Idee dazu reifte im Krankenhaus: Durch eine Krebserkrankung fünf Wochen ans Bett gefesselt, überlegte er, was man alles auf dem Hinterrad anstellen könnte. «Ich wollte mich gedanklich von all meinen Schläuchen, die aus mir raushingen, ablenken», erzählt er. Nachdem er körperlich wieder dazu in der Lage war, machte er sich ans Trainieren. «Als ich die Challenge geschafft hatte, kamen mir die Tränen. Nicht alleine weil ich das Everesting machen konnte, sondern weil für mich damit mein Darmtumor überwunden war.»





Im Sog des «Everests»
Glücksgefühle, spirituelle Erweiterung, die empfundene Wiedergeburt – macht Everesting süchtig? Für Manuel wird es eine einmalige Sache bleiben, auch wenn er «den Sog» durchaus gespürt habe. «Ich habe mir schon Gedanken gemacht, welchen Weltrekord ich als nächstes brechen könnte. Die mediale Aufmerksamkeit und die eigene Bestätigung, etwas Grosses erreichen zu können, verleiten dazu, immer weiter gehen zu wollen.» Er entscheidet für sich, dass er seine Zeit anders nutzen möchte. Ebenso Claudio: «Vom Event her würde ich das sehr gerne wieder machen. Ob ich aber den gleichen Fokus darauf setze und alles andere dafür zurückstelle, das bezweifle ich.»


Ich gebe es zu, so langsam bin ich doch etwas angefixt. Ob ich das auch schaffen würde? Wenn es nach Claudio geht, auf jeden Fall. «Es ist einfach eine Frage der Einstellung», sagt er. «Oder für diejenigen, die Matrix gesehen haben: Es gibt keinen Löffel.»

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Wer jetzt ebenfalls auf den Geschmack gekommen ist: Manuel hat ein paar Tipps für euer persönliches Everesting zusammengestellt.


  • Plane gut! Damit du beim Everesting über nichts nachdenken musst, solltest du vorher den gesamten Ablauf gut planen.
  • Essen und Trinken sind zentral – erstelle auch hier einen Plan und probiere aus, was du brauchst.
  • Schmerzen gehen vorbei! Falls du Schmerzen hast, denke daran, dass du dich vielleicht bei der nächsten Auffahrt schon wieder wie Superman fühlst.
  • Frage Freundinnen und Freunde, ob sie dich unterstützen oder ein Stück begleiten! Während des Everestings habe ich so gute Gespräche geführt, wie schon lange nicht mehr.
  • Feiere deinen Erfolg! Kaufe dir eine Flasche Champagner und trinke sie nach Erreichen des Everestings in einem Zug ;)

Text: Mirjam Milad



Mirjam Milad, freie Redakteurin, schreibt seit vielen Jahren für unterschiedliche Mountainbike-Medien in Deutschland und der Schweiz. Seit 2020 ist die studierte Forstwissenschaftlerin auch Geschäftsführerin des Mountainbikevereins in Freiburg i. Br. Kommentare

Traildevil

vor 3 Jahren 10/21/2021

Official Traildevils News
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Kommentare

Jedem das seine......

— Ochs3 vor 3 Jahren

Hansueli Spitznagel