WHAT THE HELL: Heiliger Asphalt – ist der Pumptrack der neue Fussballplatz?

vor 3 Jahren von Traildevil



«What the Hell!» So heisst unser Blog-Format, in dem wir uns mit aktuellen Mountainbike-Themen auseinandersetzen – von Techtalk und Sport, über Lifestyle und Szene-Gossip bis zu Bike-politischen Themen. Diese Woche geht’s um Bike-Infrastruktur. Reden wir mal nicht über Wälder, über unterschiedliche Grundstückseigentümer, nicht über Konflikte zwischen Bergwanderern und Mountainbikern, nicht über Trails … reden wir über Pumptracks!

«What the Hell!», welche Angebote vermisst ihr? Wir freuen uns auf eine angeregte Diskussion. Ihr habt Themen für uns: Dann nichts wie her damit unter redaktion@traildevils.ch  

Immer mehr Schweizer fahren Mountainbike – laut der Statistik des Bundesamts für Sport hat die Anzahl der Biker 2020 sogar die der Fussballspieler in der Bevölkerung überholt. Trotzdem gibt es in jeder Gemeinde einen Fussballplatz, nicht aber die passende Bike-Infrastruktur. Reden wir heute mal nicht über Wälder, nicht über eine Vielzahl unterschiedlicher Grundstückseigentümer, nicht über Konflikte zwischen Bergwanderern und Mountainbikern, nicht über Trails. Reden wir über Pumptracks!

Viele Möglichkeiten für viele Menschen

Ein Vorteil: Wir haben einen einzigen Ansprechpartner, einen einzigen Grundstücksbesitzer. Nachteil: Das passende Grundstück braucht es trotzdem und auch die nötigen finanziellen Ressourcen. Denn nichts ist umsonst und ein schlecht gebauter Pumptrack ist ein unnötiger Pumptrack. Aber, wie mir neulich im Gespräch mit der Berliner Stadtentwicklerin Barbara Willecke klar wurde: Es geht nicht immer nur darum, neue Flächen zu finden, manchmal lässt sich auch Vorhandenes umgestalten, können soziale Brennpunkte in neue Orte des Miteinanders verwandelt werden – wenn man geschickt vorgeht.

Geschickt, das heisst «bottom-up», basierend auf den aktuellen Bedürfnissen der Leute vor Ort. Geschickt, das heisst auch, Angebote zu schaffen, die multifunktional sind, also viele Nutzungs-Möglichkeiten bieten. Da kann ein Pumptrack doch ein passender Baustein sein: Öffentlich zugänglich und mit verschiedenen Sportgeräten befahrbar – ganz einfach mit allem, was rollt. Da treffen sich Eltern mit Kleinkindern auf ihren Laufrädern, Kids mit ihren Stuntrollern, junge und alte Skateboarder, Inlineskater und natürlich BMXer und Biker.
  
Unterschiedlich alt, aber auch mit ganz unterschiedlichem sozialen Background. 
«Das ist tatsächlich überall ähnlich», bestätigt Claudio Caluori, der mit seiner Firma Velosolutions seit 2004 Pumptracks auf der ganzen Welt baut. «Da kommen Leute mit ganz unterschiedlichem sozialen Background zusammen und fahren mit allem, was sie haben.» Und er erzählt von Kids, die nicht aufhören zu fahren, obwohl bei ihren Bikes die Pedale abgebrochen sind und sie nur noch auf der rostigen Achse stehen – barfuss, wohlgemerkt. «Aus dem Grund haben wir auch Pump for Peace (https://velosolutions.com/de/pump-for-peace/) gegründet», fügt er hinzu.





Die Velosolutions Initiative Pump for Peace baut Pumptracks für benachteiligte Menschen, um ihnen so den Zugang zum Sport zu ermöglichen.

Weit und doch am Anfang

Noch ein Pluspunkt: «Im Vergleich zu Skateparks können auf dem Pumptrack mehrere gleichzeitig fahren, man ist sich weniger gegenseitig im Weg», meint Claudio. Klar, wenn viele Anfänger unterwegs seien, müssten die Profis schon mal warten. Deswegen setzt Velosolutions künftig immer öfter auf zwei Pumptrack-Runden nebeneinander. Die sollen sich weniger vom Anspruch unterscheiden, als langsame und schnelle Nutzer räumlich trennen. «Ein Anfänger-Track muss nicht zwingend langweilig sein und umgekehrt muss ein Profi-Track den Anfänger nicht überfordern. Auf beiden Tracks sind alle Wellen abrollbar, die Könner springen dann eben über mehrere Wellen hinweg.» Das mache einen guten Pumptrack aus, findet Claudio. Und es zeige auch, «dass es hier mehr Know-how braucht, als zu wissen, wie man asphaltiert».

«Ich denke wir sind da in der Schweiz schon relativ weit», beginnt er und stockt. «Obwohl: Wir haben etwa 100 Pumptracks in der Schweiz und 2000 Gemeinden. Also eigentlich sind wir erst am Anfang.» Und kommt zurück zum Fussball: «Jede Gemeinde hat einen oder mehrere Fussballplätze – da ist es doch durchaus gerechtfertigt, dass sie auch mindestens einen Pumptrack hat.» Ein sehr gutes Ziel, wie ich finde. Sie müssen ja nicht gleich alle «heiligen Rasen» asphaltieren …

Mirjam Milad 





Jahrgang 1982, freie Redakteurin, schreibt seit vielen Jahren für unterschiedliche Mountainbike-Medien in Deutschland und der Schweiz. Seit 2020 auch Geschäftsführerin des Mountainbikevereins in Freiburg i. Br.
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Traildevil

vor 3 Jahren 7/2/2021

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Hansueli Spitznagel