Schlimmer geht immer: Schlammschlacht in Snowshoe
vor 3 Jahren von Traildevil

Im Racetempo über schlammige Pisten zu fahren, wie beim vergangenen Weltcup Wochenende in Snowshoe, USA? Das wünscht man den härtesten Konkurrenten nicht. Die Schweizer Top-Athletinnen liessen sich davon nicht beirren: nach einem guten Platz 4 im Short Track und der Übernahme der Weltcup-Führung holte sich Alessandra Keller am Sonntag ihren ersten XCO-Weltcupsieg. Camille Balanche kam indes wie auch schon in Leogang mit den schlammigen Verhältnissen am besten klar, und baute mit einem erneuten Sieg ihre Weltcupführung aus. Gratulation!

Härter hätte der Kontrast wohl kaum ausfallen können: Nachdem das Weltcup-Wochenende in Andorra die weltbesten Racer und Racerinnen mit Staub, Hitze und losem Untergrund bereits alles abgefordert hatte, war eine Woche später, im Skiort Snowshoe in West Virginia, das genaue Gegenteil angesagt. Die ganze Woche vor dem Rennen waren schon Bilder von Regenschauern und Nebel durch die sozialen Medien gegeistert, während die Racekurse vor Ort immer stärker im Schlamm versanken. Immerhin: die Short Track Rennen am Freitag starteten bei relativ trockenen Konditionen, zumindest von oben.
Freitag: Short Track Finales
Der Regen der vorherigen Tagen war am Rennkurs nicht spurlos vorübergegangen. Tiefer Boden und rutschige Verhältnisse machten das Rennen schwer. Trotz eines hohen Tempos konnte sich keine Fahrerin entscheidend von der Spitzengruppe absetzen. In der letzten Runde versuchte es Alessandra Keller mit einem Angriff am letzten steilen Anstieg, den die Konkurrentinnen jedoch parieren konnten. Den Sieg holte sich überraschend die Einheimische Gwendalyn Gibson vor Anne Terpstra (NED) und Jenny Rissveds (SWE). Alessandra Keller kam als Vierte ins Ziel – für sie trotzdem ein Happy End. Nach ihrem Weltcup-Sieg in Vallnord eine Woche zuvor konnte sie sich nun das Leaderjersey in dieser Wertung überstreifen.
Den amerikanischen Heimsieg komplett machte der XCC-Weltmeister Christopher Blewins. Aus Schweizer Sicht verlief das Rennen allerdings weniger erfreulich. Nachdem Mathias Flückiger wegen einer Corona-Erkrankung die Reise in die USA erst gar nicht angetreten war, hatte sich Vital Albin vor Ort erkältet und trat vor dem Rennen die Heimreise an. Während des Rennens stürzte auch noch Nino Schurter schwer, und verletzte sich an der Schulter – für ihn das Aus auch für die Teilnahme am XCO Rennen am Sonntag. In der Entscheidung um den Short Track Sieg musste sich Vlad Dascalu knapp dem Amerikaner Blewins geschlagen geben. Der Italiener Luca Braidot, Sieger des XCO in Vallnord, kam als Dritter aufs Treppchen. Ein Lichtblick aus Schweizer Sicht: der achte Platz von Filippo Colombo.

Samstag: Downhill Finales
Das Wetter hielt, und in den offenen Passagen trocknete der Untergrund des DH-Kurses sogar weitgehend ab. Im Wald und den Rockgardens blieb der Kurs aber tief, schlammig und rutschig, was das Rennen sogar noch etwas unberechenbarer werden liess.
Bei den Frauen bewiesen Vally Höll und Nina Hoffmann, nach Platz 1 und 2 in Vallnord, erneut ihre herausragende Form. Wobei die Deutsche Hoffmann dieses Mal mit deutlichem Vorsprung auf die Österreicherin auf den Hot Seat fuhr. Die Französin Myriam Nicole griff erneut an und schien auf dem Weg hin zu einer Siegzeit. Doch wie schon in Vallnord, wo sie durch einen Crash die obersten Podestplätze einbüsste, stürzte Nicole auch in Snowshoe. Allerdings griff die Französin weiter an und war so schnell unterwegs, dass die Leistung ausreichte um die Konkurrentin aus Deutschland vom Hot Seat zu verdrängen. Als letzte Starterin ging Camille Balanche ins Rennen, die im Qualifiying (wie auch schon in Vallnord) eine einsame Bestzeit hingelegt hatte. In Snowshoe gelang Balanche aber ungeachtet der schwierigen Konditionen ein nahezu fehlerfreier Lauf – Camille Balanche nahm Myriam Nicole satte sechs Sekunden ab, und baute mit einem erneuten Weltcupsieg ihre Führung in der Gesamtwertung nochmals aus.

Bei den Männern war das Rennen weitaus enger. Zwar war das Podium deutlich weniger «french» als gewohnt. Als rühmliche Ausnahme bewies jedoch der seriensiegende Franzose Amaury Pierron in Snowshoe, dass sein «lediglich zwölfter Platz» in Vallnord nicht mehr als ein Ausrutscher gewesen war. Als Qualifying-Schnellster ging Pierron als letzter auf die Strecke und kam, fast schon wie zu erwarten, als schnellster ins Ziel. Der Brite Bernard Kerr legte einen «Lauf seines Lebens» hin, und fuhr mit einem hauchzarten Rückstand von 0,4 Sekunden auf den zweiten Rang. Auch der Österreicher Andreas Kolb hatte offenbar einen sehr guten Tag erwischt: Mit wackeren 1,8 Sekunden holte er sich den dritten Platz.

Sonntag: XCO Finale
Aller schlechten Dinge sind Drei: nachdem das Wetter zwei Tage lang mitgespielt hatte, zeigte es sich am Sonntag zu den XCO Finales von seiner schlechtesten Seite. Das Ergebnis: eine extrem heikle Schlammschlacht mit den bisher widrigsten Bedingungen der aktuellen Weltcupsaison. Aber auch ein Happy End aus Schweizer Sicht.

Nach einem noch trockenen Start begann es auf der Hälfte des Frauenrennens zu regnen. Die Bodenverhältnisse verschlechterten sich daher zusehends, so dass die Spitzengruppe immer kleiner wurde. An der Spitze kristallisierte sich ein Dreikampf um Alessandra Keller, der Niederländerin Anne Terpstra und der Schwedin Jenny Rissveds heraus. Bald konnte Terpstra nicht mehr folgen. Während die Schwedin jeweils in den Abfahrten volles Risiko ging und kleine Lücken aufriss, versuchte Keller in den Anstiegen zu attackieren. Offenbar war dies die bessere Taktik, denn Rissveds stürzte, was Keller zu einer Tempoforcierung nutzte. Nachdem Alessandra Keller nun auch die folgenden Wurzelpassagen sturzfrei meistern konnte, stand ihrem ersten XCO-Weltcupsieg nichts mehr im Wege – mit satten 37 Sekunden Vorsprung rollte sie schlammverschmiert im Ziel ein!

Bei dem Rennen der Männer stand ein möglicher Führungswechsel im Gesamtklassement im Raum. Nachdem Nino Schurter wegen seines Sturzes beim XCC nicht an den Start gehen konnte, lag eine Weltcupführung für Alan Hatherly im Bereich des Möglichen. Der Südafrikaner ging das Rennen beherzt an, und setzte den Pace. In Runde 3 crashte er allerdings hart und büsste so die Chance auf einen Podestplatz ein. Auch Christopher Blewins, der XCC Gewinner vom Freitag, konnte seine Spitzenposition nicht lange halten und verlor wegen eines Plattfusses an Boden. An der Spitze gab es noch weitere Führungswechsel. Weitgehend unbeachtet hatte sich aber in der Zwischenzeit der Spanier David Valero Serrano immer weiter nach vorne gearbeitet. Während die Rider in der Spitzengruppe langsam dem hohen Tempo Tribut zollen mussten, war der Spanier weiterhin frisch, und legte ein taktisch perfektes Rennen hin. Im letzten Drittel der letzten Runde griff der Valero an und fuhr, da niemand etwas entgegensetzen konnte, seinen ersten Weltcup-Sieg heraus. Der Franzose Titouan Carod und Vallnord-Sieger Luca Braidot komplettierten das Treppchen, gefolgt von Christopher Blevins und Filippo Colombo als bestem Schweizer.

Fotos: KifCat / Redbull Contentpool Kommentare