WHAT THE HELL – Shred-Shot oder Secret-Spot?

vor 4 Jahren von Traildevil


«What the Hell!» So heisst unser neues Blog-Format, in dem wir uns regelmässig mit aktuellen Mountainbike-Themen auseinandersetzen – von Techtalk und Sport, über Lifestyle und Szene-Gossip bis zu Bike-politischen Themen.
Diese Woche diskutieren wir unser Verhältnis zu Social Media! Dienen unsere Fotos und Videos auf Instagram & Co. der Inspiration? Oder machen wir durch die ganzen Posts aus unseren #secrettrails völlig überfüllte Hotspots? Wie so oft, hat auch die Inszenierung zwei Seiten. Shred-Shot oder Secrect-Spot – was ist eure Meinung? «What the Hell!», wir freuen uns auf eine angeregte Diskussion.
Ihr habt Themen für uns: Dann nichts wie her damit unter redaktion@traildevils.ch.

PRO: Inspiration statt Inszenierung
Als kleiner Bub habe ich nur darauf gewartet, dass mein liebstes Bikemag wieder am Kiosk ausliegt. Meine Helden hiessen Darren Berrecloth, Aaron Chase oder Cédric Gracia, geträumt habe ich von einem Kona Stinky, und Vancouver Island war mein ultimatives Eldorado! Die Liebe zum Sport trage ich immer noch in mir und auch meine Inspiration hole ich mir nach wie vor von meinen Helden. Ja, es sind ein paar Neue dazugekommen und ich stelle mir auch nicht mehr vor, wie es wäre, Downhillweltmeister zu sein. Ich verfolge aber bei den Profis auf Instagram, wo sie abseits des ganzen Rennzirkus unterwegs sind, was sie für Fahrtechniktipps parat haben oder wie sie ihre Hobel tunen. Klar, die perfekte Selbstinszenierung und der hirnrissige Selfie-Wahn gehen auch mir auf den Keks. Instagram oder Facebook deswegen verteufeln werde ich jedoch nicht. Eigentlich passen Biken und die sozialen Medien ganz gut zusammen: Der Drang, freie Zeiträume mit Informativem oder Unterhaltendem zu füllen, existiert sowohl auf Instagram als auch auf dem Bike. Ganz nach dem Motto «a shared joy is a double joy» geht es mir persönlich um das gemeinschaftliche Erlebnis am Berg. Bei meinen schönsten Bike-Erlebnissen erinnere ich mich immer an das Gesamtpaket: die Tour, das Wetter, die Leute und die daraus resultierende Stimmung. Beim Biken suchen wir die Abwechslung vom Alltag, leben unseren Traum. Instagram & Co. geben Inspiration, lassen uns von neuen Zielen träumen – oder uns auf die Friday Fails freuen. Biken ist doch wie gemacht für Social Media: Action, Berge, blauer Himmel und Go! Klar sollte jeder seinen Drang zur Selbstdarstellung reflektieren. Und nicht jede Feierabendrunde braucht eine «North Shore»-Inszenierung. Aber zwischendurch ist es schon ganz geil, seinen Freunden an einem freien Tag reinzuwürgen, wie fett es heute auf den Hometrails war! 


Ok, zugegeben, dieses Foto haben wir gestellt. Aber gehen euch die Insta-Posts von blubbernden Bialettis vor Bergpanorama nicht auch auf die Nerven? Foto: Tom Bause

Contra: Viele Likes führen nicht immer zu multiplizierter Freude
Arturo Hotz verstand es, die Dinge auf den Punkt zu bringen. Als Sportwissenschaftler, -historiker und -philosoph widmete der ehemalige Nationaltrainer der alpinen Skirennfahrer der Schweiz sich Zeit seines Lebens den verschiedenen Zugängen zum Sport. Mich hat er beeindruckt – und zwar nachhaltig! In seiner Rolle als Gastprofessor für das Fach Sportpsychologie verstand er es, komplexe Zusammenhänge einfach darzustellen. «Der Mensch möchte Wirkung erzielen und den Weg des geringsten Widerstandes gehen!» So ist es bei mir hängen geblieben. Und damit ist eigentlich auch alles gesagt. Na gut, vielleicht nicht alles, aber zumindest wird klar, warum jeder Löli seinen digitalen Dünnpfiff in die Welt postet. Hotz hat damals sicherlich nicht an die neuzeitigen «Instaschlampä» gedacht, die Instagram offensichtlich mit einer Ü-18-Plattform verwechseln. Würde er aber vielleicht heute tun. Diese permanente Selbstdarstellung ist jedoch auch nur eine allzu menschliche Suche nach Bestätigung. Integriere ich jetzt noch die Corona-Isolation in die Gleichung, steigert sich das Verlangen nach Darstellung ins Exponentielle. Die Erklärung für den unstillbaren Wirkungshunger scheint gegeben. Doch was bringt's mir? Viele Dinge im Leben kann ich mir erklären – und muss sie trotzdem nicht mögen. Wie beispielsweise einen von Kuhscheisse gepflasterten Trail während des Alpabzugs. Damit aber nicht genug: Die individuelle Wirkung wird wahrgenommen, Hotspots entstehen dadurch und führen nicht immer zu multiplizierter Freude. Konflikte entstehen und resultieren im schlimmsten Fall in Trailsperrungen. Nur weil das fette Erlebnis in die soziale Welt gekotzt wurde. Hotz mahnte zur Reflektion: «Dürfen wir, was wir können?» Vielleicht steigen wir mal wieder für uns allein aufs Bike. Ganz ohne shooten, swipen und hashtaggen. Vielleicht, vielleicht werden wir es ja liken … 



Text: Gregor Arndt und Stefan Becker
Gregor Arndt ist freier Redakteur, unter anderem für das BORN Mountainbike Magazin. Dort kümmert er sich vor allem um Web und Social Media. Daher gehören regelmässige Posts zum täglichen Business.

Stefan Becker ist mit seinem Mountainbike immer auf der Suche einsamen Wegen. Als Macher hinter Supertrail.guide und der Supertrail Map schlagen zwei Herzen in seiner Brust. Mit den Karten führt er andere Biker auf neue Wege. Dafür bleibt sein Smartphone dafür auch mal gern im Rucksack. Kommentare

Traildevil

vor 4 Jahren 6/2/2021

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Hansueli Spitznagel