Nicht als Gridgirl beim Dirtjump, sondern als Fahrerin am Start
vor 8 Jahren von Kathi
Vergangenes Wochenende habe ich mir meinen größten Wunsch erfüllt: einmal bei einem Dirtjump Contest am Start zu sein. Ich habe nie gedacht, dass es für mich möglich wäre, dort zu springen, aber ich habe es gemeistert!
Durch das Fahrradfahren lerne ich viel über mich selbst. Ich habe gelernt mutig zu sein, meine Ängste zu überwinden und manche Dinge nicht so ernst zu nehmen. Alltägliche Challenges machen mir nun weniger Herzklopfen ich gehe cooler an neue Aufgaben ran. Mein Bike hat mein Leben verändert. Es ist ein sehr mutiger Zug, mich unter den Männern behaupten zu wollen, denn Dirtjumpen ist noch sehr männerdominant.
Wenn mich die Leute fragen, was ich für Hobbys habe und ich mit „Dirtjumpen“ antworte, schauen mich die Menschen meistens fragwürdig an. „Und was ist das?“, kommt dann zurück und ich erkläre daraufhin, dass Biker über Hügel aus spezieller Erde springen und Tricks machen. Um Erde zu sparen, macht man ein Loch zwischen Absprung und Landung, denn bei so einem Contest können es schon mal 40 LKWs mit Erdmaterial werden.
Würde ich die Hobbyfrage mit „Downhillen“ beantworten, können sich die meisten Menschen etwas darüber vorstellen. Bei einem Downhillrennen sind je nach Veranstaltung circa 30 Ladies am Start. Beim Dirtjumpen schaut es da etwas magerer aus. Bei den Bikedays in Solothurn war ich das einzige Mädchen, dass sich mit den Jungs messen durfte, denn eine eigene Frauen Kategorie aufzumachen, würde bei dieser Teilnehmerzahl keinen Sinn machen.
Wenn ich morgens vor einem Endurorennen aufstehe, bin ich immer ein bisschen aufgeregt, nicht weil es gefährlich wird, sondern eher wegen der Anstrengung. Als ich am Donnerstag die 5h nach Solothurn gefahren bin, habe ich mich die ganze Zeit gefragt, ob ich das überhaupt kann, oder ob ich mich überschätzt habe, denn Dirtjumpen ist definitiv eine andere Liga Radfahren.
Die Hügel, die ich zuvor gesprungen hatte, waren viel kleiner. Bereits eine Woche zuvor konnte ich kaum schlafen und habe von Sprüngen geträumt. Dieser Contest soll meine Feuertaufe sein und ich war mir nicht sicher, ob ich dieser Aufgabe schon gewachsen war. Allerdings wollte ich es so unbedingt und habe mich irrsinnig gefreut, als die Zusage der Organisatoren kam, dass ich zugelassen werde.
Am Donnerstag den 19 Mai 2016 war es dann so weit. Ich habe mein Auto mit meinem Trek Ticket Dirtjumpbike gepackt und bin Richtung Schweiz gedüst. Es stand ein Videoshooting mit niemand geringerem als Nicholi Rogatkin auf dem Programm.
Nicholi zwirbelt bei Contests 1080ies, Cashrolls und Frontflips, als wäre es so einfach wie Butterbrot schmieren. An diesem Abend drehten wir mit ein paar BMXern und Trialfahrern ein Willkommensvideo für die Bikedays Solothurn 2016.
Seht selbst was rausgekommen ist:
Freitag 20. Mai 2016, D-Day! Es gibt zwei Möglichkeiten, wie der Tag heute endet: im Spital oder ich bin voll gepumpt mit Adrenalin und Endorphinen und ich habe den Kurs erfolgreich bewältigt. Ich entschied mich, mich auf die letztere Möglichkeit zu konzentrieren und mein Bestes zu geben. Das Knieschoner anziehen und Schuhe binden vor dem Training war noch nie so mühsam wie an diesem Tag und als mein Mechaniker von Trek sagte, dass ich einen Gesichtsausdruck machen würde, als würde ich auf eine Beerdigung gehen, ließ den Angstschweiß nur so fließen.
Egal, da muss ich jetzt durch. Die Treppenstufen nach oben zum Startturm fühlten sich wie der Gang nach Canossa an. Ich besprach mit meinen Bikekollegen wie oft ich bis zum Absprung treten muss und wie sehr ich rausziehen soll und machte mich bereit. Meine Hände zitterten, als ich den Lenker umfasste, aber ein Rückzieher kam keinesfalls in die Tüte, schon gar nicht, wenn Superstar und Trailbuilder Ramon Hunziker hinter dir steht und fahren möchte. Ich redete mir gut zu, tief durchatmen, einmal kräftig ins Pedal treten und rausziehen.
Mein Puls schoss durch die Decke, doch die Landung war so smooth wie ein Erdbeershake von meiner Lieblingseisdiele. Geil! Ich hatte es gemeistert, der Rest war Kindergarten, einfach Geschwindigkeit behalten und schön rausziehen.
Der Kurs fühlte sich fantastisch an, alles stimmte und die Kursbauer haben hervorragende Arbeit geleistet. Ich fühlte mich wie ein Junkie auf Drogen und wollte mehr davon. Ich konnte nicht stoppen und fuhr den Kurs noch bis spät in den Abend. Am nächsten Tag stand die Qualifikation auf dem Plan. Um mich nicht zu blamieren, wollte ich auch unbedingt meine ersten kleinen Tricks zeigen. Aber es klappte nicht so, wie ich es mir gewünscht hatte. Den ersten Run musste ich abbrechen, weil ich mit einer Hand vom Lenker gerutscht bin und beim zweiten Run habe ich nur einen kleinen Tobboggan auf der Hip gemacht, obwohl ich einen Tuck-No-Hander auf dem großen Sprung machen wollte. Das ist ein Trick, bei dem man beide Hände vom Lenker nimmt und sie zur Seite wegstreckt. Wahrscheinlich war ich zu aufgeregt und ein bisschen mehr Training hätte auch geholfen, aber ich bin hoch motiviert beim nächsten Contest mein Können zu beweisen. Denn die Zeiten, in denen ich meine Helden vom Zaun aus zujuble sind vorbei, jetzt bin ich eine von ihnen!
Vielen Dank an Dominik Bosshard für die Bilder!
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