2. Etappe Cape Epic, outcast!
vor 9 Jahren von konnylooser
Was soll ich schreiben oder mit was soll ich anfangen??!! Ob es Ironie oder Schicksal ist, dass ich Morgen zum dritten Mal bei 4 Starts das Cape Epic als Einzelfahrer im Outcast Trikot fortsetzen werde, weiss ich nicht!
Heute stand die zweite Etappe über 92 Km und 2300 Hm (davon das Meiste auf Singletrails) auf dem Programm. Wir nahmen uns vor, dass wir nicht gleich vollgas starten würden, damit Lucien mit weniger Druck in die Etappe steigen kann. Der Start war leider hektisch und schnell, dazu blies der Wind heute abartig stark wie ich es noch kaum erlebt habe hier! Das Feld wurde hinter der Spitzengruppe immer wieder aufgesplittet und ich versuchte alle Löcher zuzufahren, sodass Lucien einfach nur nachfahren konnte. Am Anfang ging das gar nicht mal so schlecht, trotzdem konnten wir die Gruppe nicht lange halten, als es nach 10 Km in den ebenfalls 10 Km langsam steigenden Aufstieg ging. Lucien war kraftlos, kein Wunder, konnte er gestern während der ganzen Etappe nichts essen!
Immer mehr Teams zogen an uns vorbei und so langsam machte auch noch sein Rücken zu, wonach nach kurzer Zeit praktisch gar nichts mehr ging. Ich wusste genau wie er sich fühlte, ging es mir doch bei der Transalp im letzten Juli genau gleich! Fahrer, welche wir unter normalen Umständen um Stunden schlagen würden, zogen einfach so an uns vorbei. Ich befand mich nicht einmal mehr im Trainingsmodus und Lucien konnte selbst in den Abfahrten nicht mehr mithalten. Müde und kraftlos, den Puls nicht mehr über 140 steigend quälte sich Lucien über die eigentlich so super schöne Strecke! Ich war ratlos und wir wussten beide nicht, was wir machen sollten! Es war ganz offensichtlich, dass sein Motor nicht mehr laufen wollte! Würde man einen Ferrari aus der Garage nehmen, bei welchem nur die zwei ersten Gänge gehen, dann würde man ihn gleich wieder zurück bringen oder stehen lassen, denn diesen zu fahren macht weder Spass, noch ist es sinnvoll für den Motor! Genau dasselbe trifft bei uns Sprofi-Athleten zu. Meine Meinung in dieser Hinsicht und auch mit der heutigen Entscheidung bei Km 48 aus dem Rennen zu steigen wird sicher von einigen nicht verstanden und es gibt diesbezüglich verschiedene Ansichten.
Ich bin ein Vollblut Rennfahrer und setze mir persönliche Ziele. Wenn ich nicht mehr in der Lage bin, diese zu erreichen, die Aussichten für eine Besserung praktisch gleich null sind und ich auch meinen Sponsor nicht mehr im Bereich des Möglichen vertreten kann, macht es für mich keinen Sinn mehr, ein Etappenrennen fort zu setzen. Diese Erfahrung hatte ich bei der Transalp selber gemacht und rückblickend war mein Entscheid richtig. Ich musste damals auf die harte Tour mit den Konsequenzen leben, denn ich gab nicht nur das Rennen auf, sondern liess auch alle meine Lieblingsrennen im August aus. Dafür kehrte ich Ende September nach einer Pause und einem Neuaufbau mit einer guten Form zurück und rundete die Saison mit einem Sieg beim Wines2Whales ab!
Würden wir am Tag 6 stehen, dann hätte ich gesagt, dass wir das Rennen mit der Brechstange zu Ende fahren können. Doch wir haben noch nicht einmal die Hälfte und die nächsten drei Etappen sind alle sehr lange, die Möglichkeiten um etwas zu schonen nicht vorhanden und somit die Aussichten auf Besserung gleich null.
Die Entscheidung aus dem Rennen zu steigen trafen wir gemeinsam. Trotzdem übernehme ich alleine die Verantwortung über den Entscheid!
Die Enttäuschung bei Lucien war riesig und auch bei mir setzten die Tränen ein, als ich nach der Feedzone 2 das Rennen alleine fortsetzte! Es tat mir nicht einmal wegen mir leid oder unserer verlorenen Chance, es tat mir vor allem für Lucien leid, denn er hatte sich so viel vorgenommen und extrem viel für dieses Rennen geopfert! Schlussendlich gehen bei uns Profis nicht nur Rangierungen verloren, sondern auch die Möglichkeiten, neue Verträge durch starke Rangierungen zu erreichen. Dazu stehen Preisgelder sowie Prämien auf dem Spiel. Diese Chance wurde uns durch äusseren Einfluss genommen!
Während Lucien bitter enttäuscht das Renngelände verliess und zurück nach Meerendal reiste, fuhr ich die verbleibenden 44 Km alleine ins Ziel. Morgen werde ich somit als Einzelfahrer mit dem berühmten Outcast Trikot an den Start gehen und versuchen, auch dieses Cape Epic irgendwie ins Ziel zu bringen! Schade konnten wir nie zeigen, was wir drauf hätten, wir hätten es verdient!
Mit dem heutigen Bericht beende ich an dieser Stelle meine Berichterstattung zum diesjährigen Cape Epic! Es wird auf jeden Fall einen Nachbericht geben und vlt. Die eine oder andere Story aus dem Backup unseres Teams! Da gibt es sicherlich ein paar Dinge, von denen ich euch was erzählen kann!
Ich wünsche an dieser Stelle Lucien ganz gute Besserung und ich bin mir sicher, dass er in der kommenden Saison noch ein paar Mal zeigen wird, was er wirklich drauf hat, denn spätestens dann ist diese Rennaufgabe vergessen!
Ich werde morgen mit ca. 1200 Bikekollegen biken gehen! Kommentare