Trek Bike Attack - derBlick zurück

vor 9 Jahren von haegar
Am Samstag, dem zweiten Tag des Trek Bike Attack stand die Qualifikation auf dem Programm. Zunächst hatten die Fahrer von 8 Uhr bis um 10 Uhr die Möglichkeit, noch einmal auf der Strecke zu trainieren bevor es dann ernst galt und die 777 Rider in 15 Sekunden Intervallen auf die Strecke vom Rothorn nach Lenzerheide geschickt wurden.

Die Jungs und Mädels vom Power-Bike Downhill Team und von Swiss Gravity Union, mit denen ich das Wochenende verbrachte, nutzten die Gelegenheit sich die Lines für die Qualifikation zurechtzulegen. Oder sie liessen es sich zumindest nicht nehmen, ein, zwei Abfahrten im Bikepark zu machen, um die morgendliche Müdigkeit abzuschütteln und in den Race Modus zu gelangen. Die Qualifikation hat in diesem Rennen den schon einen grossen Einfluss auf die Chancen, beim Rennen eine gute Platzierung herauszufahren. Wer in der zum Beispiel einen Platten hatte, sah am Start dann mehrere hundert andere Rider vor sich, die zu überholen auf dem zuweilen engen Singletrail und den Highspeed Abschnitten eine ziemliche Herausforderung darstellen. Ich musste auf eine Aufwärmrunde verzichten, da ich den Morgen damit verbrachte, mich gegen genau solche Platten zu wappnen, welche in der Form von spitzen Steinen überall auf die unschuldigen Reifen warteten. Der gut rollende Hinterreifen musste einem etwas aggressiveren Profil und einer etwas stärkeren Seitenwand weichen. Hinter und auch Vorderreifen wurden schlauchlos mit Dichtmilch montiert, was nur mit der Handpumpe bewaffnet auf dem Parkplatz der Bergbahn eine Herausforderung in sich darstellte. Mit etwas Druckluft aus dem Bikeshop in der Talstation wurde das Ganze aber schlussendlich dicht genug, um den Qualilauf zu überstehen.



Ich durfte ganz am Schluss mit den zwanzig Topfahrern vom letzten Jahr auf den Berg, wo uns Armin Beeli zeigte, dass er nach seinem Karriereende im Mountainbike Sport wahrscheinlich als Komiker auf die Bühne wechseln sollte. Merci Armin!

In meinem Qualifikationslauf unterlief mir dann ein klassischer Anfängerfehler. Ich fuhr so, als hätte ich bloss eine Downhill Strecke zu bewältigen. Vollgas durch die Steinfelder, sprinten in den Flachpassagen, pushen, ziehen, hoppa heja hüü… Die Abfahrt vom Rothorn in die Lenzerheide dauert aber eben nicht 5 Minuten, die Sieegerzeit betrug eine Viertelstunde. Ich hatte noch nicht die Hälfte der Streck hinter mich gebracht, da war die Puste weg. Ende der Fahnenstange! Herzrasen, Blutgeschmack im Hals, der Blick etwas unstet und ich war innerlich am fluchen. Meine Letzten paar Jahre mit einem Schwerpunkt auf Fourcross und Dirtjump hatten wohl auch dazu beigetragen, dass ich für diese Streckenlänge nicht gerade optimal vorbereitet war, vom zusätzlichen Teil am Sonntag nach Churwalden ganz zu schweigen. Im unteren Streckenteil war ich dann auf Schadenbegrenzung aus und probierte einfach unbeschadet das Ziel zu erreichen. Absitzen wo möglich, aktives Entspannen, bewusst tief atmen… Für einen Schlussspurt war dann eben nicht genug Substanz vorhanden und Martin Kägi sagte im Ziel zu mir: „Du gsehsch us wiene Liiche.“ Nachdem ich irgendwann wieder normal atmen konnte, durfte ich mich im Ziel über den 63. Quali Rang freuen, und auch darüber, dass mein Vorderreifen Puste bis ins Ziel hatte. Am Start noch auf gut 2Bar aufgepumpt, hatte er im Ziel noch 1.6 Bar Luft drin. Für das Rennen vom Sonntag würde das aber wohl nicht reichen. Back to the drawing board!





Am Sonntag galt es, früh aufzustehen. Um 05:30 standen die ersten Rider vor der Gondelbahn, welche um 06:15 ihren Betrieb aufnehmen sollte. Wait whaat?
Hier die Erklärung: Nur im vordersten der Startsektoren waren die Startplätze genau festgelegt, in allen anderen war nur der Sektor gegeben, weshalb die Frühaufsteher ihre Bikes zuvorderst hinlegen konnten, und so bereits am Start einige Plätze weiter vorne waren als ihre direkten Konkurrenten. Ich entschied mich stattdessen für ein gemütliches Frühstück, da für mich das Erlebnis zählte und nicht unbedingt der Schlussrang. So startete ich ungefähr auf Platz 80 ins Rennen mit der Hoffnung, es unter den ersten Hundert ins Ziel zu schaffen. Eher skeptisch stimmten mich die zu bezwingenden Gegensteigungen zwischen der Lenzerheide und Churwalden.


Ich erwischte in dem grossen Chaos zu Beginn einen sehr guten Start und konnte so gleich ziemlich viele Rider überholen. Auf der Abfahrt in die Lenzerheide passierte ich dann Einige, welche mit Platten und anderen technischen Problemen aus dem Rennen schieden. Auch Stürze durfte ich als Zuschauer miterleben, blieb von all dem selber aber zum Glück verschont. Ich wurde selber von zwei, drei Fahrern überholt und konnte selber auch zwei, drei Fahrer überholen. Dabei benutzte ich meine Teleskop Sattelstütze dieses Mal auch gleich von Beginn weg und versuchte etwas Energie für die Tretpassagen aufzusparen wo immer das möglich war. Schwierig war an der Fahrt, dass über dem super trockenen Boden ein staubiger Nebel von den vorderen Fahrern schwebte, welcher die Sicht erschwerte, so ziemlich einige Steine versteckte und die Abfahrt vor allem für die Hände anstrengend wurde. Unten in der Lenzerheide wartete eine Freundin mit meinem Halbschalenhelm auf mich, den ich gegen meinen Vollvisierhelm tauschen konnte, und so auf dem unteren Streckenteil (fast) genug Luft kriegte und beim Treten nicht überhitzte.

Den unteren Streckenteil bestritt ich immer etwas vor einem Fahrer, dem ich hier meinen grössten Respekt aussprechen möchte. Der Sieger der Qualifikation und Topfavorit Gusti Wildhaber hatte im oberen Streckenteil am Hinterrad einen Platten. In der Lenzerheide nahm er den Hinterreifen vom Rad und fuhr den ganzen Weg nach Churwalden auf der Felge, welche ich immer wieder über die Kiesstrasse scheppern hörte. Dies motivierte mich, dann etwas härter in die Pedalen zu treten. Gusti du bisch e herte Siech! Erwartungsgemäss wurde ich in den Gegensteigungen von einigen überholt, welche noch etwas mehr Saft in den Waden hatten. Da ich die Strecke unten nur einmal abgefahren hatte, war es zusätzlich schwierig, die Restdistanz einzuschätzen und einzuteilen wieviel Energie ich noch sparen musste. Das Ziel erreichte ich dann als neunundvierzigster. Kaputt, geschafft, müde, erschöpft aber auf jeden Fall auch ziemlich zufrieden.

Der Blick zurück:
Am Ziel sagte ich zu mir: „Einmal und nie wieder!“ Mit etwas Distanz ist es doch sehr erstaunlich, wie schnell man die Schmerzen vergessen kann. Müde Beine hatte ich danach auch nur ungefähr zwei Tage lang. Daher stellte ich mir wie wahrscheinlich viele andere Teilnehmer die Fragen: „Bin ich ans Limit gegangen?“ „Welcher Platz wäre noch drin gelegen?“ und schlussendlich „Will ich mir das noch einmal antun?“ Mit etwas Distanz bleiben vor allem die guten Momente in Erinnerung. Und volle Kanne über die Steinfelder oben am Rothorn zu donnern ist schon eine geile Sache…
Wer weiss, vielleicht sehen wir uns am Trek Bike Attack 2016 in der Lenzerheide wieder.

Herzliche Gratulation an alle Finisher, an die Sieger, speziell auch an die Frauen und ein ganz grosses Merci an alle Beteiligten. An alle Helfer, Bahnmitarbeiter, Sponsoren, Freundinnen und natürlich an alle Mamis, vergesst nie den Mamis zu danken!
Merci auch an die Traildevils Jungs, die mich auf dieses Abenteuer geschickt haben!
 
Cheers Hägar Kommentare

haegar

vor 9 Jahren 8/16/2015

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Dominik Bosshard